Nein, unser Weihnachtsbaum hier auf der Neumayer-Station braucht sie nicht: Die Lichterkette!
Die meisten von uns kennen das Gefühl, wenn das Licht der Kerzen oder der Lichterkette den Raum in einen weihnachtlichen Glanz verzaubert und die Kirchenglocken von draußen zu hören sind.
Weihnachtstage hier in der Antarktis erleben wir hier doch grundverschieden zu dem Rest der Welt. Dazu zählt nicht, dass es hier gerade Hochsommer ist: Diesen teilen wir ja mit der ganzen südlichen Hemisphäre. Weihnachtsbäume aus Plastik, wie unserer hier, sind mir schon in Australien wegen der dort üblichen Brandgefahr im Sommer begegnet.
Nein, es ist was anderes, denn die wenigen Weihnachtsbäume, bei denen eine eigene Beleuchtung einfach keinen Sinn macht, müssten dann noch immerhin südlich des Südpolarkreises aufgestellt werden. So ist das, denn die Sonne scheint ganze 24 hrs. und unsere Lounge ist damit stets taghell erleuchtet. Somit ist unser Weihnachtsbaum etwas Besonderes.
Er steht nun liebevoll dekoriert in unserer Lounge und die abendlichen Stationsbesprechungen werden hier abgehalten. Diese beginnen übrigens immer mit einer graphisch dargestellten Wettervorhersage von Paul, unserem Meteorologen. Vom Wetter hängen hier eben die meisten Planungen auch im Sommer ab.
Am schönsten leuchten seine Farben morgens so um 2:00 Uhr, wenn die frühe Morgensonne unseren Baum in ein warmes Licht taucht. Dann sieht er so aus:
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Weihnachtsbaum im frühen Morgenlicht. (Foto: Peter Jonczyk)
Neben dieser Besonderheit gibt es hier auch kein gemütliches Kerzenlicht oder offenes Kaminfeuer, wie vielleicht in der Heimat. Die Brandschutzbestimmungen lassen kein offenes Feuer auf der Station zu. LED Kerzen haben wir dagegen in der Polarnacht benutzen dürfen.
Um die Weihnachtszeit ist die Sonneneinstrahlung hier am intensivsten, denn am 21.12. war Sommersonnenwende hier. Seit ca. 1 Monat geht die Sonne bereits nicht mehr unter und nun um Weihnachten hat sie ihren höchsten Stand. Praktisch übersetzt bedeutet dies, dass wir auch um Mitternacht nicht ohne Gletscherbrille und ohne Sonnencreme vor die Tür gehen sollten. Eine sehr schmerzhafte Schneeblindheit durch die intensive und auch vom Schnee reflektierte UV-Strahlung ist gerade jetzt eine ernste Gefahr für uns. Auch haben fast alle Zimmer auf der Station ein lichtundurchlässiges Rollo am Fenster, denn kaum einer schläft schon gern im gleißenden Licht des Polarsommers.
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Mit dem Pyranometer (Glaskuppel im Bild) wird das einfallende Sonnenlicht im meteorologischen Messfeld gemessen. (Foto: Peter Jonczyk)
Die natürliche Erwärmung durch die Sonne (inkl. Reflexionsstrahlung des weißen Untergrundes) führt zu etwas, was wir im Winter niemals hier erleben durften: Fließendes Wasser außerhalb der Station. An den Fassadenelementen taut das z.T. sehr dekorative Eis und Wassertropfen laufen die Scheiben außen an der Station entlang. Es können sogar vereinzelt Pfützen entstehen. Das oben abgebildete Pyranometer muss nun nicht mehr, wie im Winter, täglich von Paul enteist werden.
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Weihnachtsschmuck (Eisbehang) am Fenster. (Foto: Peter Jonczyk)
Dann hat unser Weihnachtsbaum noch eine Besonderheit: Wenn Sturm draußen ist, tanzen die Zweige und Kugeln, denn die Vibrationen der Station werden hier besonders gut sichtbar…
Jahresrückblick 2021
Nachdem wir ÜWI’s nun im Winter (Juni bis August 2021) den kältesten Monatsmittelwert mit -28,65° seit über 40 Jahren hier auf Neumayer erleben durften genießen wir nun die wärmenden Sonnenstrahlen umso mehr. Zum Teil können wir trotz Minusgraden draußen nun im T-Shirt arbeiten.
Ein reichlich an wunderschönen Erfahrungen gefülltes 2021 neigt sich für uns ÜWI’s gerade dem Ende zu. Ich persönlich durfte einen „Lern-Booster“ in unglaublich vielen Bereichen mitnehmen. Für all das bin ich einfach nur dankbar.
So möchten wir allen Lesern des AtkaXpress hiermit schöne Weihnachtsferien und einen gelungenen Sprung in das Neue Jahr 2022 wünschen.
Ihr/Euer
Peter Jonczyk
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In unserem Keller entstehen keine Weihnachtskerzen: Dies sind Eisbohrkerne zur glaziologischen Analyse.