Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick;
Im Tale grünet Hoffnungs-Glück;
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
Zog sich in rauhe Berge zurück.
Goethe, Faust I
Nicht wirklich
Ich, AtkaXpress
Aber auch wenn sich in der Atkabucht – erwartungsgemäß – rein gar nichts vom Eise befreit zeigt, so ist es doch Frühling geworden. Die Pinguine und jetzt auch die Weddellrobben haben Nachwuchs bekommen. Innerhalb weniger Wochen ist die fast fortwährende Dunkelheit des Winters der durchgängigen Helligkeit des Frühjahrs und beginnenden Sommers gewichen und das Licht ist mittlerweile wieder so blendend, dass die Gletscherbrillen erneut dauerhafte Begleiter geworden sind. Vorausgesetzt natürlich die Sonne scheint, was momentan eher selten der Fall ist. Denn ähnlich wie der Herbst ist auch der Frühling eine stürmische und somit mitunter wolken- und schneeverhangene Jahreszeit. Die Temperaturen sind dabei um die -10 bis -20° C und somit angenehm mild. „Wunderbare Bedingungen“, höre ich den Leser raunen. Und „ja und nein“, entgegne ich. Das Licht ist durchaus schön und zweckmäßig, erhellt es doch die Landschaft. Aber es raubt uns auch die lieb gewonnene Dunkelheit und mit ihr die Sterne und Polarlichter. Die Temperaturen mögen leichter erträglich sein, aber schon beginnt man das einzigartige Gefühl zu vermissen, das -45°C hervorrufen können. Die Luft scheint eine andere Konsistenz zu haben: viskös, dabei doch irgendwie schneidend mit einem hellen Stechen. Anders formuliert: Der Winter war wunderbar, gefühlt kurz und unproblematisch.
Der Wechsel der Jahreszeit markiert gleichzeitig auch den Wechsel der antarktischen Saison und den Wechsel vom Winter- auf den Sommerbetrieb der Station. Zusätzlich zum Routinebetrieb waren etliche Vorbereitung zu treffen, denn mit der Landung der ersten Techniker, Wissenschaftler und Tomaten, beginnt Anfang November normalerweise die Sommersaison. Theoretisch. Denn auch und vor allem das Wetter muss das Seine zu einer Flugzeuglandung beitragen, zeigt sich aber recht uneinsichtig. Sturm, Drift, tiefe Bewölkung und fehlende Kontraste verhindern seit zwei Wochen zuverlässig jeglichen Flugverkehr und die Antarktis demonstriert erneut eindrucksvoll, dass sie nicht einfach zu erreichen ist. Die Wetterberichte und jetzt speziell das Flugwetter, werden noch aufmerksamer als sonst verfolgt, die große Frage ist: Wann öffnet sich ein Wetterfenster und macht den „Sprung“ rüber, zu uns und zur Station möglich? Wann kommen die Kollegen? Wann beginnt der Sommer? Wir wären bereit. Auch für die Tomaten.
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Sturm unter der Neumayer-Station III. Foto: Tim Heitland