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Ein Tag als Geophysikerin an der Neumayer-Station III

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Moin,

nun möchte ich mich auch einmal kurz vorstellen und von meinem Leben in der Antarktis berichten:

 

Mein Steckbrief:

Name: Ina Wehner

Position: Geophysikerin

Vorherige Arbeit bzw. Ausbildung: Geophysik Studium und anschließend 3 Jahre in der Wirtschaft gearbeitet

Lebensmittelpunkt: Kiel

Pläne nach der Rückkehr: Radreise durch das Baltikum

Schönstes Erlebnis in Antarktika: Traverse zu unseren Außenstationen

Was vermisse ich am meisten? Familie, Freunde, mein Fahrrad und Gouda

 

Es ist 6:30 Uhr. Mein Wecker klingelt. Langsam quäle ich mich aus dem Bett und ziehe meine Sportsachen an. Nach dem Gang zum Bad führt mich mein Weg im Büro vorbei. Ein Blick auf vier Monitore mit Livedaten und ins Mail Postfach sagen mir das alles läuft. Weiter geht‘s richtig Sportraum. Ein kurzes „Guten Morgen“ zu unserem Ingenieur, der bereits seinen täglichen Papierkram erledigt, und zu unserem Elektriker, der die Brötchen fürs Frühstück in den Ofen schiebt. Da sich der Sportraum unterhalb der Station befindet, sind nicht nur einige Stufen zu überwinden, sondern es muss auch der Flur des Untergeschosses überwunden werden. Der letzte Abschnitt liegt jedoch nicht im beheizten Bereich der Station und somit kann es schon mal -15°C werden. Was in kurzer Sportkleidung doch ziemlich kühl wird.

 

Blick in die Neumayer-Station III

Der Weg vom Treppenhaus zum Sportraum (Foto: Ina Wehner)

 

Nach einer halben Stunde auf dem Laufband, einer frischen Dusche und einem Frühstück bin ich nun richtig wach und bereit für den Tag. Laut unserer Arbeitseinteilung bin ich heute dran mit Erdbeben picken. Während Noah sich auf den Weg zu unserem Magnetikobservatorium, auch „Magobs“ genannt, macht, schaue ich mir die Seismometerdaten des letzten Tages an.

Zu unserem Observatorium gehören drei Seismometerstationen. Neben dem Seismometer im Magobs besitzen wir auch noch zwei Außenstationen. 45 km südöstlich auf dem Halvfarryggen liegt unser Watzmann und in 80 km Entfernung südwestlich findet man auf dem Søråsen den Olymp.

 

Außenstation in der Antarktis

Unsere Außenstation Watzmann (Foto: Ina Wehner)

 

Die aufgestellten Seismometer zeichnen Erdbebenwellen auf, die sich durch das Erdinnere ausgebreitet haben. So haben wir am 30. Oktober auch Signale von dem schlimmen Erdbeben zwischen der Insel Samos und dem türkischen Festland registriert. Über eine Stunde empfingen wir die Signale, die die verschiedensten Wege durch das Erdinnere und entlang der Erdkruste zurückgelegt hatten.

Nun suche ich also in den Daten nach dem Zeitpunkt des ersten Auftretens eines Erdbebens. Wenn man an vielen Stationen diese Ankunftszeit bestimmt hat, lässt sich dann das Epizentrum berechnen. An unseren Stationen zeichnen wir täglich durchschnittlich 15 Erdbeben auf, wobei es auch schon einmal 40 werden können. Dann gab es zuvor ein sehr starkes Beben, welches viele Nachbeben besitzt. Die meisten Erdbeben, die bei uns registriert werden, stammen von Südgeorgien, Südamerika, Neuseeland und dem Südwestpazifik. All diese Daten schicken wir an das internationale seismologische Zentrum, wo Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler darauf zugreifen können.

Ina Wehner im Büro

Bei der täglichen Büroarbeit (Foto: Ina Wehner)

 

 

Diese Aufgabe dauert heute den ganzen Vormittag. Pünktlich um 12 Uhr gibt es Mittagessen. Bis auf unsere Luftchemikerin, die noch Schneeproben sammelt, sind alle da und verschlingen Hähnchenkeule mit Rosmarin-Kartoffeln und Ratatouille. Während einige anschließend eine kurze Mittagspause machen, setze ich mich gleich wieder an meinen PC. Ich muss noch die Daten von unseren mobilen Stationen, die wir einige Tage zuvor abgeholt hatten, in unsere Datenbank einarbeiten. 15 Uhr ist dann auch schon wieder Kaffee- und Kuchenpause.

 

Im Anschluss suche ich alle benötigtem Utensilien zusammen, die wir für das morgen geplante Kreiseln im Magobs benötigen. Das Kreiseln ist eine fast historische Methode aus dem Vermessungswesen. Im Gegensatz zum Kompass, der den Weg zum magnetischen Nordpol zeigt, wird beim Kreiseln der geografische Norden bestimmt.

Heutzutage wird nahezu immer das GPS verwendet, wenn es um die genaue Position geht. Da wir im Magobs leider keinen GPS-Empfang haben und wir uns mit dem Schelfeis bewegen, müssen Noah und ich einmal im Monat mithilfe eines Kreiselkompasses den geografischen Norden im Magobs bestimmen. Diese Messung ist besonders für unsere Magnetometer wichtig, die die Stärke und Richtung des Erdmagnetfeldes messen.

 

Magnetikobservatorium in der Antarktis

Der Einstiegsschacht zum Magnetischen Observatorium. (Foto: Ina Wehner)

Magnetikobservatorium in der Antarktis

Magnetikobservatorium in der Antarktis (Foto: Ina Wehner)

 

Ina Wehner bei der Arbeit

Bei einer monatlichen Kreiselmessung im Magobs (Foto: Ina Wehner)

 

Magnetometer

Magnetometer messen die Stärke des Erdmagnetfeldes (Foto: Ina Wehner)

 

Um an diesem Tag einmal die Station verlassen zu haben, begleite ich am späten Nachmittag Mario beim Befüllen der Schneeschmelze. Das heißt, eine Runde mit dem Pistenbully mitfahren und den Schnee am Rand der Schmelze wegschaufeln.

 

Pistenbully mit Schnee

Der Pistenbully in Aktion (Foto: Ina Wehner)

 

Ina Wehner an der Schneeschmelze

Beim Befüllen der Schneeschmelze (Foto: Ina Wehner)

 

18 Uhr ist auch schon das Abendessen vorbereitet! Nach dem gemeinsamen Abwaschen genieße ich in meinem Zimmer das Alleinsein, während ich die Fotos des letztes Ausfluges sortiere. Später lassen wir gemeinsam den Abend mit einem Animationsfilm ausklingen. Auf meinem Weg zum Bett schaue ich für heute ein letztes Mal im Büro vorbei und freue mich das alles fehlerfrei läuft! So denn eine Gute Nacht!

 

Mobile Station im Schnee

Eine von zwölf mobilen Stationen, die für ein Jahr Daten aufzeichnen (Foto: Ina Wehner)

Überwinterer liegen im Schnee

Während die Daten kopiert werden, genießen wir die Ruhe der Antarktis (Foto: Wanderson de Almeida Santos)

 

Seismometer im Schnee

Seismometer zeichnen Erdbebenwellen auf (Foto: Ina Wehner)


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