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Versorgung: Polarstern bringt Lebensmittel, Treibstoff und neue Geräte

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Liebe Leser,

es ist zwar schon eine Woche her, dass die Polarstern wieder abgelegt hat, aber ich würde dennoch gern von der mehrtägigen Entladungsaktion berichten. Es hat so viel drum herum zu tun gegeben, dass bisher gar keine Zeit für einen Bericht war.

Die Polarstern hat sich von Kapstadt, der wunderschönen südafrikanischen Stadt am Südzipfel des afrikanischen Kontinents, zum antarktischen Kontinent aufgemacht und nach zwei Wochen und fünf Tagen die Schelfeiskante erreicht. Das letzte Stück musste sich der langerprobte Eisbrecher durch die Meereismassen kämpfen, um dann an der Schelfeiskante – am sogenannten Nordostanleger – anzulegen. Die Schelfeiskante ist an dieser Stelle nur etwa 12 Meter hoch über dem Meeresspiegel, so dass sich die Container gut verladen lassen.

Bevor Polarstern am Schelfeis anlegen konnte, muss sich das Forschungsschiff eine Rinne durch das Eis brechen. Foto: L. Duncker

Bevor Polarstern am Schelfeis anlegen konnte, muss sich das Forschungsschiff eine Rinne durch das Eis brechen. Foto: L. Duncker

Bei uns hier an der Neumayer-Station wurde die Polarstern natürlich seit längerem sehnsüchtig erwartet. Von uns Überwinterern wurden besonders die Weihnachtsgeschenke herbeigesehnt, aber auch auf die gesamten Lebensmittel für die kommende Überwinterung und verschiedene Sommeraktivitäten wurde mit froher Erwartung spekuliert, denn z.T. waren liebgewonnene Speisen bereits ausgegangen, so dass wir uns nun auf eine noch reichhaltigere Küche freuen können. Auch dringend benötigtes Baumaterial und Ersatzteile für die in dieser Saison geplanten Arbeiten waren mit an Bord.

Am 4. Januar hatte sich das technische (Bau-)Team bereits früh morgens mit Pistenbullys, Schlitten und leeren Tankcontainern zur Schelfeiskante aufgemacht. Die Entladung geschieht immer nach einem bestimmten, im Voraus geplanten Schema. Die Container werden mit einem Kran auf Schlitten und Mulden gehoben, und währenddessen die Tankcontainer mit Polardiesel und Jet befüllt. Die Schlitten werden aneinander gekoppelt und warten auf die Abfahrt zur Neumayer-Station. Ein Pistenbully kann, je nach Gewicht, bis zu vier solcher Schlitten ziehen. Auf jedem Nachhauseweg werden am Abend dann schon ein paar Schlitten mitgenommen.

Klicke, um die Slideshow anzusehen.

Nach dem Mittagessen wurden die ersten Schiffspassagiere für einen Besuch hinten auf einem Schlitten sitzend zur 17 Kilometer weit entfernten Neumayer-Station gefahren. Die Fahrt dauert etwas länger als eine Stunde. So ein Pistenbully fährt im Durchschnitt 15 Kilometer pro Stunde, aber das muss nicht unbedingt ausgereizt werden, denn es soll ja auch nicht so holperig für die Gäste hinten drauf sein. An der Neumayer-Station wurden sie von der aktuellen, zusammen mit der zukünftigen Stationsleitung durch das Gebäude geführt.

Am 5. Januar kamen dann die Kühlcontainer mit den Lebensmitteln an. Diese müssen sofort entladen und die Lebensmittel in die Lagerräume einsortiert werden, damit die Kühlkette nicht unterbrochen und nichts schlecht wird. Alle noch an der Station verbliebenen verfügbaren Arbeitskräfte halfen mit und transportierten Europaletten auf Hubwagen per Fahrstuhl in das Untergeschoss, wo die Kühlkammern stehen. Dort wurden dann die Lebensmittel in die Lager- und Kühlräume einsortiert. Zum Kochen haben die Köche während dieser Tage keine Zeit. Erst gegen 20 Uhr wurden kalte Platten gereicht, und danach fielen alle erschöpft ins Bett, denn am nächsten Tag hieß es, erneut früh aufzustehen und zur Schelfeiskante zu düsen, um die Entladung fortzusetzen.

Der Polarstern-Bordhubschrauber in voller Größe. Foto: L. Duncker

Der Polarstern-Bordhubschrauber in voller Größe. Foto: L. Duncker

Zwischendurch gab es für einige noch ein kleines Highlight – Besuch vom Helikopter der Polarstern. Überhaupt wurde sich viel hin und her besucht, denn alle freuen sich immer, neue interessante Gesichter zu sehen und nette Begegnungen zu erleben. Für die Neumayer-Bewohner war es auch sehr interessant, bei einem Besuch auf der Polarstern, die Schelfeiskante mal von der anderen Seite zu betrachten.

Am 6. Januar wurde die Entladung gegen 18 Uhr mit dem Herüberheben der „Tomate“, einer roten runden Biwakschachtel, beendet. Zum Abschied fand danach der traditionelle Glühweinumtrunk aller Beteiligten auf dem Schelfeis statt. Alle, die auf der Neumayer-Station entbehrlich sind, können daran teilnehmen, sodass auch in diesem Jahr eine recht große Gruppe zusammenkam. Die Gelegenheit, ein paar Worte zum Abschied zu wechseln und ein bisschen Spaß miteinander zu haben, wurde ausgiebig genutzt, bis gegen 20.00 Uhr die Polarsternbesatzung wieder an Bord gebracht wurde. Da sich der Wind gedreht und die Eisschollen gegen den Rumpf der Polarstern getrieben hatte, war es dem imposanten Eisbrecher einfach unmöglich, am selben Abend abzulegen. Da half auch unser kräftiges, langanhaltendes Winken leider nichts. Irgendwann kam schließlich ein Offizier von der Brücke, um uns Bescheid zu geben, dass es heute wohl nichts mehr werde. Einige bleiben dennoch ungläubig stehen, unter anderem ein Kamera-Team, welches das Ablegen filmen wollte. Schließlich ist es den meisten trotz der wunderbaren gemeinsamen Zeit des sich Anwinkens dann irgendwann doch zu kalt geworden, so dass die Rückreise nach Neumayer angetreten wurde.

Wir hatten insgesamt sehr großes Glück mit dem Wetter, weil es relativ windstill und langanhaltend sonnig war. Man konnte sogar ein Sonnenbad nehmen, wenn man die Zeit dazu hatte. Sich gegen die Sonne zu schützen, ist allerdings stets unerlässlich hier unten, auch in Zeiten, in denen sie einem verborgen bleibt.

Und jetzt geht die eigentliche Arbeit erst richtig los! Die Container mussten zur Neumayer-Station transportiert und dort entladen werden. In der Station wurden die Waren auf die verschiedenen Bereiche verteilt und von den Empfängern freudig ausgepackt und einsortiert. Gleichzeitig werden die nicht mehr benötigten oder abgelaufenen Waren noch immer fleißig aussortiert und für die Rückfracht vorbereitet. Überall stehen Kisten und Paletten auf den Fluren herum. Für mich, die Ärztin und Stationsleitung der 36. Überwinterung, bedeutet das ebenfalls viel Arbeit. Es sind viele neue Medikamente, Verbrauchsmaterialien, diverse neue medizinische Geräte, wie beispielsweise eine neue leistungsfähigere Zahnbohrmaschine und ein Videolaryngoskop (Intubationsgerät zur Beatmungsvorbereitung bei Operationen inklusive telemedizinischer Überwachungsfunktion) sowie unzählige neue Instrumente für das Hospital gekommen. Alles muss detailliert dokumentiert und dadurch inventarisiert werden. Gott sei Dank gibt es gerade genug Hilfskräfte hierfür, da die neuen Überwinterer schon seit kurz vor Weihnachten an der Station im Einsatz sind und bereits von uns „Alt-ÜWIS“ eingearbeitet werden. Das trifft auch für meine Ablösung, den Chirurgen Tim Heitland zu, der als neuer Stationsarzt auch die Stationsleitung übernehmen wird. Jetzt bleibt für uns nur noch „Alles Gute“ zu wünschen und in den verbleibenden zwei Wochen die Station als erfahrene Feriengäste zu genießen.

Liebe Grüsse

Die Neumayer-ÜWIS der 36. Überwinterung

Das 36. Neumayer-Überwintererteam bestehen aus Thomas Schaefer, Marcus Heger, Linda Duncker, Stefan Schnitzler, Sven Schnieder, Stefanie Bähler, Sissy Kütter, Andrea Rau, Steven Franke. Foto: Annemarie Sticher

Das 36. Neumayer-Überwintererteam bestehen aus Thomas Schaefer, Marcus Heger, Linda Duncker, Stefan Schnitzler, Sven Schnieder, Stefanie Bähler, Sissy Kütter, Andrea Rau, Steven Franke. Foto: Annemarie Sticher


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