Das Leben „hier oben“ in Ny Ålesund ist einfach, bequem und erfüllend. Obwohl es nicht sehr viel Auswahl in Sachen Konsum und Kultur gibt, sind soziale Kontakte und die beeindruckende Natur allgegenwärtig. Die Zeit vergeht schnell, Wissenschaftler*innen und andere Besucher*innen kommen und gehen ständig. Es ist ein sich wiederholender Zyklus des Kennerlernens, der optimalen Verwendung der gemeinsamen Zeit und des Abschieds. Als dauerhafter Bewohner Ny Ålesunds muss man ab und zu Abstand gewinnen. Die Wissenschaftler*innen und Besucher*innen sind nur für eine kurze Zeit hier und wollen das Beste aus ihrem Aufenthalt machen. Sie arbeiten bis zum Umfallen, sind aber auch in jeder freien Minute bei Outdoor- oder gesellschaftlichen Aktivitäten zu finden. An einem Ort, wo jeder jeden kennt und die Sonne nie untergeht, kann man leicht von dieser Begeisterung mitgerissen werden. Schlaf ist ein wertvolles und seltenes Gut, wofür man aktiv Zeit finden muss. Ny Ålesund ist voller leben.
Zum Zeitpunkt dieses Schreibens gibt es eine Woche Atempause und vergleichsweise wenig Menschen im Dorf. Die erste größere Besucherwelle ist vorüber. Es ist wie die Stille nach einem kleinen Sturm, aber vor einem Orkan. Hier bilden die Monate Juni, Juli und August die Hauptsaison der Polarforschung. Dank der Mitternachtssonne, der wärmeren Temperaturen und der Rückkehr der Flora und Fauna ist der Sommer eine beliebte Zeit für Polarforscher*innen, vor allem Biolog*innen. Seit letztem Monat gibt es viel mehr Algen, Plankton, Robben und Wale im Fjord, es gibt immer mehr Vögel im Himmel und, da der Schnee jetzt schmilzt, kommen Rentiere öfter nah ans Dorf heran, um ein saftiges Stück Tundra zu vernaschen. Dank der Natur ist kein Tag wie der andere. Ny Ålesund ist voller Leben.