Hallo alle zusammen! Ich bin Linda, die Luftchemikerin der 41. Überwinterung an der Neumayer Station III. Wie euch bereits ein paar meiner Überwinterungskollegen einige Einblicke in ihren Bereich gegeben haben, so möchte ich euch Lesern auch einen kleinen Einblick in die Welt der Luftchemie hier an der Neumayer Station geben.
Meine Hauptaufgabe ist das Spurenstoffobservatorium, welches wir hier kurz „die Spuso“ nennen. Dort messen eine Vielzahl von Messgeräten verschiedene Bestandteile der antarktischen Luft mit Hilfe von Filtern, Partikelzählern, Spektrometern und anderen Messmethoden. Dort werden rund um die Uhr wichtige Daten gesammelt, welche uns zum Beispiel mehr über Aerosole, Treibhausgase oder Spurenstoffe und ihre zeitliche Veränderung verraten können. Diese Daten sind unter anderem sehr wichtig für Klimaanalysen und ich betreue sie. Das heißt, ich wechsle die Filter, entnehme Proben, dokumentiere und passe auf, dass alles funktioniert und falls es das mal nicht mehr tut, repariere ich es. Zudem gehören auch glaziologische Messungen zu meinem Aufgabenbereich. Wir haben hier die sogenannten Pegelfelder, bei welchen ich abmessen kann, wie viel Schneezutrag wir über das Jahr haben. Außerdem untersuche ich die Schneedichte oder entnehme Neuschneeproben. Alle Messdaten, welche ich sammle, werden dann in Deutschland von Wissenschaftlern analysiert und ausgewertet und geben uns die Möglichkeit unsere Welt ein bisschen mehr zu verstehen.
Die Spuso liegt 1,5 km südlich der Neumayer III Station. Das heißt ich habe einen täglichen Arbeitsweg durch ein kleines Stückchen Antarktis, welches sich von so vielen verschiedenen Seiten zeigen kann. Ich hätte nie gedacht, wie unterschiedlich Eis und Schnee aussehen können. An sich gibt es nicht viel zu sehen. Eine Handleine verbindet die Station mit der Spuso, welche auch für die richtige Orientierung im Sturm sorgt und ab und an begegne ich vereinzelt Tieren. Manchmal kreuzen Pinguine meinen Weg oder im Sommer fliegen Vögel über meinen Kopf und spielen mit den Turbulenzen, welche ich im Wind erzeuge. Aber selbst die Schneeoberfläche und der Himmel können ein wahres Naturschauspiel sein. Strahlt die Sonne, so funkelt der Schnee wie ein Diamantenteppich, herrscht ein leichter Wind, driftet der Schnee dicht über den Boden und gibt einem das Gefühl wie auf Wolken zu laufen. Stürmt es stärker, so ist so viel Schnee in der Luft, dass man nur noch von einer homogenen weißen Masse umgeben ist. Das nennen wir dann White-out. Ist es dazu noch dunkel, kann man nicht mal mehr die eigene Hand vor den Augen sehen und ist dann sehr froh über die Handleine, die einem den Weg zeigt.
Video: Der Schnee fegt über die Oberfläche vor der Spuso (Linda Ort)
Durch den Wind formt sich die Schneeoberfläche immer neu. Schneeverwehungen entstehen selbst von einem Fußabdruck im Schnee und bilden immer neue beeindruckende Strukturen und Muster auf der Oberfläche. Im Dämmerlicht ist alles in Pastelltönen gehüllt und bei der richtigen Bewölkung kann man wunderschöne optische Phänomene beobachten, wie zum Beispiel Halos, Nebensonnen oder Sonnensäulen. Jeder Sonnenuntergang sieht aus wie gemalt und bei einer sternenklaren Nacht zeigen sich dann unendlich viele Sterne bis kurz über den Horizont. Ich fühle mich dann immer wie als würde ich in einem Planetarium stehen, nur dass das der echte Himmel über mir ist. Bei windstillen Tagen ist es so ruhig, dass man seinen eigenen Herzschlag hören kann und bei stürmischem Wetter muss man aufpassen, dass nicht alle Taschen komplett mit Schnee zu driften.
Ich erlebe damit jeden Tag eine andere Facette der Antarktis und bin immer noch völlig fasziniert davon, wie bei meinem ersten Weg zur Spuso. Und habe ich diesen facettenreichen Arbeitsweg geschafft, mache ich mir erstmal einen Tee und dann geht es an die Arbeit.